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«Tiefe Umwandlungssätze befeuern Kapitalbezüge»

Eine aktuelle repräsentative Studie zu den Schweizer Pensionskassen von Swisscanto (2024) hat die Frage der unterschiedlichen Quoten von Kapitalbezügen zum Zeitpunkt der Pensionierung in Bezug auf die jeweilige Branche untersucht.

Swissavant
Wallisellen, Schweiz

Die Studienergebnisse betreffend «Kapitalbezug und Branche» beim Eintritt in den dritten Lebensabschnitt sind das Resultat einer schweizweiten Kundenbefragung von über 10 000 Kundinnen und Kunden. Der durchschnittliche Schweizer Neupensionierte entscheidet sich demzufolge zu 38 % für den Kapitalbezug, während 39 % der Versicherten sich beim Eintritt in die Pension für eine Rente entschieden haben, und so eine Mischform von «Rente/Kapitalbezug» letztlich von 23 % bevorzugt wird.

Erschienen in der perspective im Dezember 2025


Christoph Rotermund
Präsident der PK Merlion

Portrait - Christoph Rotermund

Risikoaverse Beamte
Die Antwort auf die Frage des Kapitalbezugs ist mit Blick auf die Studienergebnisse offenkundig auch eine Frage des Berufsstandes: Während sich beispielsweise lediglich 21 % aus der öffentlichen Verwaltung für den «reinen Kapitalbezug» entscheiden, sind es gerade doppelt so viele Kapitalbezüger und damit 42 %, wenn der berufliche Hintergrund mit der Finanzbranche zusammenhängt. 

So verwundert es denn auch nicht, wenn lediglich 28 % der ehemaligen Finanzleute sich für eine «reine Rente» entscheiden, und die vergleichbare Rentenquote bei den ehemaligen Beamtinnen und Beamten mit 49 % um drei Viertel höher zu liegen kommt.

Interessant und erwähnenswert dabei ist, dass die Mischform von «Rente/Kapitalbezug» in beiden Wirtschaftssektoren dann wiederum mit jeweils 30 % identisch ist und im Vergleich zum Schweizer Durchschnitt die Mischform um gut ein Drittel höher liegt. Warum dem so ist, beantworten die Studienergebnisse nicht.

«Finger weg!»
Losgelöst von den Studienergebnissen ist in diesem Zusammenhang stets mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass der Entscheid beim Eintritt in den Ruhestand hinsichtlich «Rente», «Kapitalbezug» oder «Mischform» ein einmaliger und darüber hinaus nicht revidierbarer Entscheid bis zum definitiven, unausweichlichen Lebensende ist. Angesichts dieser vorsorgerechtlichen Ausgangslage ist der Entscheid unter Einbezug aller wichtigen Faktoren sorgfältig vorzubereiten. So gesehen lassen sich auch die Studienergebnisse zum Kapitalbezug nachvollziehbar erklären, wenn finanzkundige Pensionäre sich tendenziell für den Kapitalbezug entscheiden, währenddessen sich die ehemaligen Beamtinnen oder Beamte sicherheitsorientiert und damit eher für die «reine Rente» entscheiden.

Das Motto ist damit klar und wird von den vorgelegten Studienergebnissen, wenn nicht unterstützt, so doch erhärtet: Wer sich als zukünftiger Pensionär selber in Finanzanlagen nicht auskennt und auf ein regelmässiges Einkommen, sprich «Rente», angewiesen ist, entscheidet sich gegen den «reinen Kapitalbezug». Oder kurz und bündig: Finger weg vom Kapitalbezug! Und noch etwas: Eine gänzlich schlechte Vorsorgeidee ist es, beim Eintritt in den Ruhestand, den «reinen Kapitalbezug» mitunter und zugunsten der eigenen Kinder auszulösen. – Wer sich das eine oder andere in den finanziellen Angelegenheiten bei der eigenen Vorsorge aber zutraut, und die Lebensweisheit «In der Regel liegt die Wahrheit in der Mitte.» lebt, kann sich durchaus zum Schweizer Durchschnitt zählen und sich für einen Mix zwischen «Rente» und «Kapitalbezug» entscheiden. Immerhin sind es im Durchschnitt rund 23 % aller Pensionärinnen und Pensionäre, die sich für diese Variante entscheiden.

Kreisdiagramme


In der wichtigen Vorsorgefrage zwischen «Rente», «Kapital» oder «Mischform» beim Eintritt in das Rentenalter, welche alle zukünftigen Pensionärinnen oder Pensionäre beantworten müssen, liegt der Schweizer Durchschnitt offenkundig zwischen den zwei untersuchten Wirtschaftssektoren «Finanzbranche» und «Öffentliche Verwaltung». Es gilt griffig formuliert: Wer in seinem Berufsleben mehr mit finanziellen Angelegenheiten oder Anlagethemen beschäftigt war, entscheidet sich tendenziell eher für den «reinen Kapitalbezug». Damit ist auch klar, dass die Pensionärinnen und Pensionäre aus der Finanzbranche den «reinen Kapitalbezug» favorisieren.


«Vom Mass der goldenen Mitte» 

Wer am Ende seines eigenen Berufslebens sich mit der zugegebenermassen nicht einfachen Vorsorgefrage «Rente oder Kapital?» beschäftigt, findet für seine nicht revidierbare Antwort vielleicht Rat und Tat beim griechischen Universalgelehrten Aristoteles (* 384 v. Chr., † 322 v. Chr.), der für seine philosophischen Gedanken zur «Mesotes» (Mitte) berühmt ist. Mit den Gedanken von Aristoteles liegt nämlich das rechte Mass, die sogenannte goldene Mitte, zwischen den zwei Lastern «Übermass und Mangel», wobei den Gedanken folgend jetzt die hohe Kunst und damit das tugendhafte Handeln darin besteht, den idealen Ausgleich – je nach gegebener Situation – durch Vernunft und Erfahrung zu bestimmen.
Nun konkret auf die komplexe Vorsorgefrage «Rente oder Kapital?» angewendet, würde dies heissen, dass die goldene Mitte beispielsweise mit dem Mut als Tugend zwischen den zwei Extremen Feigheit (Mangel an Mut und damit «Rentenbezug») und Tollkühnheit (Übermass an Mut und damit «Kapitalbezug») liegt. – Ein Schelm, der an dieser Stelle nun Böses dabei denkt und die Pensionärinnen und Pensionäre aus der Finanzbranche generell als tollkühne Glücksritter bezeichnen würde!

Ein transparentes Glas-Sparschwein, gefüllt mit Goldmünzen, vor einem hellblauen Hintergrund. Die Münzen sind durch das klare Glas sichtbar und symbolisieren Sparen und finanzielle Transparenz.Bild: pogonici, shutterstock.com

Losgelöst von den philosophischen Gedanken Aristoteles zeigen die Studienergebnisse zur einmal aufkommenden Vorsorgefrage «Rente oder Kapital?» aber klar repräsentativ auf, wie stark das fachliche Finanzwissen und das persönliche Berufsleben, die Entscheidungen rund um «Rente», «Kapitalbezug» oder «Mischformen» beeinflussen. 
Wer sich nun gut mit Geldanlagen auskennt, potenziell bessere Renditen anstrebt oder 
Anlagerisiken besser einschätzen kann, tendiert nicht einfach unüberlegt und tollkühn zum «Kapitalbezug». Und umgekehrt gilt ebenso: Nur weil Beamtinnen und Beamte beim Eintritt in den Ruhestand typischerweise die «Rente» bevorzugen, besteht diese Berufsgattung nicht aus lauter Angsthasen!

Für die eigene Entscheidungsfindung braucht es aber in jedem Falle eine solide Vorsorgeplanung und individuelle Risikobewertung für den dritten Lebensabschnitt, denn der Kapitalbezug ist eine einmalige, nicht revidierbare Weichenstellung. Und nur wer so bei seiner eigenen Vorsorgeplanung beim Eintritt in den Ruhestand vorgeht, wird die goldene Mitte der persönlichen Vorsorge finden – mit oder ohne den philosophischen Gedanken des griechischen Universalgelehrten Aristoteles!

Ihre Kontaktperson

Christoph Rotermund

Christoph Rotermund

Geschäftsführer

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